Festakt für TSS-Gymnasium : Wenn die Schule Nerven kostet

SHZ 7. Nov. 2016

Erfolgs-Autorin Dörte Hansen spricht als Gastrednerin bei der Feier zum 150-jährigen Bestehen des Husumer Theodor-Storm-Gymnasiums.

Der Festakt zum 150-jährigen Bestehen der Theodor-Storm-Schule (TSS) war eine gelungene Mischung aus Geschichte, Musik und unterhaltsamen Ansprachen. So gab es ein kurzes Theaterstück über den berühmten Dichter Theodor Storm (1817 bis 1888), nach dem die Schule 1932 benannt worden ist. Mehr noch als ihm aber galt die Ehre an diesem Tag Sophie Jacobsen, die 1866 mutig die Gründung einer privaten höheren Mädchenschule wagte und damit den Grundstein für das heutige Gymnasium gelegt hatte.

So machte die frühere Schulleiterin Dr. Therese Chromik in der Festzeitschrift darauf aufmerksam, dass es im Grunde passender wäre, wenn die Schule den Namen ihrer Gründerin tragen würde, zumal zur „Corporate Identity“ das Wissen von der Entstehung und den eigenen Wurzeln gehöre: „Hieße die Theodor-Storm-Schule Sophie-Jacobsen-Schule, so wäre damit nicht nur der Gründerin Ehre und Anerkennung für ihre Leistung erwiesen worden. Der Name könnte auch in der heutigen Zeit für die emanzipierte Rolle der Mädchen Ansporn und Programm sein.“

Ebenso widmete sich die amtierende Schulleiterin in ihren „Gedanken zum Jubiläum“ der Persönlichkeit Sophie Jacobsen: „Was würde sie wohl sagen, würde sie heute sehen können, was aus ihren kleinen Anfängen geworden ist?“, fragte Sibylle Karschin und kam zu dem Schluss, dass die Schulgründerin nach dem ersten Schreck über den heutigen Umgangston zwischen Schülern und Lehrern und dem „lauten und scheinbar ungeordneten Unterricht“ wohl „ziemlich stolz“ auf das Erreichte sein würde. Ihr Blick wanderte dabei zu einer in Schwarz gekleideten Frau, die aufrecht in einem Lehnstuhl sitzend den Festakt verfolgte und nur hin und wieder zustimmend nickte. Damit blieb kein Zweifel daran, dass Sophie Jacobsen nach wie vor einen Ehrenplatz an ihrer Schule hat.  .  .

Grußworte aus dem schleswig-holsteinischen Ministerium für Schule und Berufsbildung überbrachte Dr. Gabriele Romig, für die Stadt Husum sprach Bürgermeister Uwe Schmitz. Gemeinsam mit Bürgervorsteher Peter Empen überreichte er ein großformatiges Bild mit der Aufschrift „Theodor-Storm-Schule – Fester Bestandteil der Husumer Schullandschaft seit 150 Jahren“.

Im Namen aller Husumer Schulleiter übergab Renate Christiansen (Hermann-Tast-Schule) eine Skizze, die den Blick vom Dach des kürzlich abgerissenen Schulgebäudes in der Theodor-Storm-Straße zeigt. Aufgrund ihrer Überlänge blieb die Skizze vorerst aufgerollt. Sie soll später einen passenden Platz im Schulgebäude bekommen.

Für die Elternschaft sprach Silke Lazarevic, für die Schüler Lennert Möllgaard aus Bohmstedt. Mit seiner erfrischend lockeren und dabei sehr gelungenen Ansprache heimste der pfiffige 14-Jährige den herzlichsten Applaus des Tages ein.

Aber auch Dörte Hansen vermochte das Publikum in den Bann zu ziehen. Die erfolgreiche Autorin („Altes Land“) war bis zu ihrem Abitur 1982 TSS-Schülerin. Humorvoll warb sie dafür, der Schule nach 150 Jahren endlich ein Motto zu geben. Sie schlug „Semper aliquid haeret“ (frei übersetzt: Irgendetwas bleibt immer hängen) vor und beschrieb, wie sie einmal einem störrischen Zwergkaninchen Salbe in dessen entzündetes Auge schmieren sollte. „Ich wollte nur sein Bestes, aber es kratzte, zappelte und knurrte nur.“ Die Prozedur sei kräftezehrend und nervenaufreibend für beide Seiten gewesen. Leider sei auch nur ein Teil der Salbe im Auge gelandet. Und doch habe es gereicht: „Klare Sicht für das Kaninchen, Mission erfüllt.“ Diese Szene, so Dörte Hansen, sei vielleicht vergleichbar mit dem Bemühen der Lehrer, den Schülern etwas beizubringen.  .  . – immer in der Hoffnung, dass ein bisschen was hängenbleibe. „Ich darf das sagen, weil ich selbst ein knurrendes Kaninchen war“, gab sie selbstironisch zu.

Ihre zweite Motto-Idee stammt aus der Zeit Sophie Jacobsens. Zeichenlehrer Grellmann solle den Mädchen damals geraten haben: „Lass Dich Zeit und gib Dich Mühe.“ „Das klingt nach jemandem, der vielleicht plattdeutscher Herkunft war und für den die hohe Schule alles andere als selbstverständlich war“, so Dörte Hansens Vermutung. Doch auch für sie selbst sei es nie selbstverständlich gewesen, auf diese Schule gehen zu dürfen – als ein plattdeutsches Handwerker-Kind aus Högel. „Ich hatte immer Angst, nicht gut genug zu sein, aber niemand hat mir je das Gefühl gegeben, dass ich hier nicht hingehöre“, sagte sie dankbar und schloss mit den Worten: „Wichtig war und ist an dieser Schule immer nur, wo jemand hin will, nicht, woher er kommt.“

Fortgesetzt wurden die Feierlichkeiten mit einem Festball am Abend – für alle, die sich dem Gymnasium verbunden fühlen.

150 Jahre Theodor-Storm-Schule in Husum : „Nicht für jeden das Gleiche, aber für alle das Beste“
150 Jahre Theodor-Storm-Schule: Direktorin Sibylle Karschin spricht im Interview über iPads im Unterricht, die Herausforderungen der Bildungspolitik und was sie an ihrem Beruf so liebt. – Quelle: https://www.shz.de/15250991 ©2017

SHZ 4. Nov. 2016

150 Jahre Theodor-Storm-Schule: Direktorin Sibylle Karschin spricht im Interview über ipads im Unterricht, die Herausforderungen der Bildungspolitik und was sie an ihrem Beruf so liebt.

Vor 150 Jahren gründete Sophie Jacobsen in Husum eine private Töchterschule. Die ist inzwischen Gymnasium, heißt Theodor-Storm-Schule und wird schon längst nicht mehr nur von Mädchen besucht. Am Sonnabend (5.) wird das Schuljubliäum am Morgen (ab 11 Uhr) mit einem Festakt in der Schulaula und abends (ab 20 Uhr) mit einem Ball im Nordsee-Congress-Centrum gefeiert. Im Interview mit unserer Zeitung äußert sich Schuldirektorin Sibylle Karschin über Schule im Wandel, aber auch darüber, ob ein Abitur für jeden möglich und sinnvoll ist.
 
Frau Karschin, 150 Jahre Theodor-Storm-Schule, und Sie sind deren Direktorin. Wie stolz macht Sie das?
Stolz ist nicht mein Gefühl. Ich bin rückblickend froh, dass ich die Chance bekommen habe, diese Schule leiten zu dürfen, und freue mich an den Erfolgen, die wir gemeinsam erreicht haben.
 
Aber die Anforderungen wachsen. Das verkürzte Abitur ist dafür nur ein Beispiel von vielen. Wünschten Sie sich manchmal einen etwas längeren Atem?
Noch ist mein Atem ganz o.k.! Aber im Ernst: Wir hatten sehr viele Veränderungen während meiner Dienstzeit – von G8 über Profiloberstufe zum zweigliedrigen Schulsystem, und ich hoffe, dass wir in den nächsten Jahren etwas weniger Umbruch in den Schulen bekommen werden.
 
Was sind die größten Herausforderungen, vor denen Schule heute steht?
Wir müssen Wege finden, um alle jungen Menschen nach ihren individuellen Möglichkeiten zu fördern. Das gilt auch, aber nicht nur, für Kinder mit Migrationshintergrund. Schule im Spannungsfeld einer digitalen Gesellschaft wird ein großes Thema in den nächsten Jahren sein. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf den pädagogischen und didaktischen Fragen liegen müssen. Wie schaffen wir es, dass unsere Schüler diese Medien sinnvoll nutzen.
 
Viele Schüler und Eltern, aber auch Lehrer klagen über wachsenden Leistungsdruck. Wie bringt man das in ein ausgewogenes Verhältnis?
Leistungsdruck entsteht, wenn der junge Mensch das Gefühl hat, den Anforderungen, die an ihn gestellt werden, nicht gewachsen zu sein. Es lohnt sich dann immer, genau hinzuschauen. Wer stellt welche Anforderungen? Sind sie angemessen? Kann oder will der Schüler sie nicht erfüllen? Ist die Schule die richtige für das Kind? Diese Fragen erörtern wir dann mit Eltern und dem Schüler gemeinsam. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass das Gefühl von wachsendem Leistungsdruck oder Zeitdruck ein gesamtgesellschaftliches ist, das auch in Schule „ankommt“.
 
Sie haben die Digitalisierung des Schulalltags schon angesprochen. Die TSS ist digitale Schule. Schulbücher werden durch iPads ersetzt. Wie geht es damit weiter?
Wir werden zunächst unsere Erfahrungen mit unserer iPad-Klasse in der Oberstufe auswerten. Gemeinsam mit allen, Eltern, Kursleitern und Schülern, werden wir dann beschließen, wie es weitergeht. Ich kann mir vorstellen, dass wir im kommenden Jahr eine oder auch mehrere iPad-Klassen einrichten, aber das ist ein Prozess, der von vielen Faktoren – Finanzierbarkeit oder die Ausstattung durch den Schulträger – abhängt. Der Einsatz von iPads umfasst im Übrigen viel mehr, als Bücher zu ersetzen.
 
Und wieso gerade iPads? Das ist ja alles nicht ganz günstig und die Entscheidung für einen bestimmten Hersteller. Birgt das nicht auch Gefahren?
In der Mittelstufe arbeiten unsere Schüler in den Computerräumen mit Windows. Für die Oberstufe überwiegen die Vorteile durch den Einsatz von iPads, zum Beispiel im Hinblick auf die Einsetzbarkeit im Abitur.
 
Welche Erfahrungen haben Sie mit dem verkürzten Abitur gemacht? Ist das der richtige Weg?
Ich glaube, dass falsch oder richtig nicht die passende Antwort ist. Beides ist machbar, mit guten Ergebnissen. Die Frage nach G8 oder G9 ist eine grundsätzlich gesellschaftspolitische Entscheidung. Diese Entscheidung wurde getroffen und von uns hier vor Ort gut umgesetzt. Eine erneute Veränderung würde wieder Kraft und Ressourcen kosten, die wir anders besser nutzen könnten.
 
Wie gewährleisten Sie das Niveau des Abiturs, wenn immer mehr junge Leute diesen Abschluss machen sollen? Erzeugt das nicht einen entsprechenden Druck auf die Schule und wirft die Frage auf, ob ein Abitur für jeden möglich ist?
Ich denke, dass ein Abitur für jeden nicht das Ziel sein sollte, so wenig, wie ein Studium für jeden der richtige Weg ist. Das Ziel sollte sein, für jeden jungen Menschen einen seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechenden Ausbildungsweg zu finden. Die allgemeine Hochschulreife beinhaltet in Deutschland die Zulassung zum Studium. Wenn wir das beibehalten wollen, müssen wir die jungen Menschen für diesen Weg vorbereiten.
Und wie kriegt man als Schule die Begriffe Chancengleichheit und Elitebildung unter einen Hut?
Durch differenzierte Lernangebote für alle und gute Förderung von Schülern, die aus welchen Gründen auch immer benachteiligt sind. Unser Motto: Nicht für jeden das Gleiche, sondern für alle das Beste!
 
Ist es ein Vor- oder Nachteil, dass die Grundschulen keine Empfehlungen für die weiterführenden Schulen mehr abgeben dürfen?
Unsere Erfahrung damit zeigte, dass Eltern auch ohne Schulartempfehlung einer Beratung durch die Grundschulen oder auch durch uns häufig folgen.
 
Was bereitet Ihnen in Ihrem Beruf am meisten Freude?
Es ist eine wunderbare Aufgabe, junge Menschen auf dem Weg ins Leben begleiten zu dürfen. Es ist mir immer wieder ein großes Glück, unsere Abiturientinnen und Abiturienten zu sehen, mich an ihre ersten Tage zu erinnern und mich über ihre Entwicklung hin zu verantwortungsbewussten, aufgeschlossenen und mutigen Menschen zu freuen.
 
Und was wünschen Sie sich persönlich über das Jubiläumsjahr hinaus?
Ich möchte diese Schule gerne noch ein wenig begleiten und ihre Entwicklung mit diesem großartigen Team von erfahrenen, engagierten, professionellen Kolleginnen und Kollegen weiter voranbringen.

Die neue iPad-Klasse : Digitales Lernen für die Zukunft

SHZ 9. Feb. 2016

26 Schüler der Theodor-Storm-Schule in Husum tauschen ihr Schulbuch gegen ein iPad.

Wir sind in der Theodor-Storm-Schule in Husum zu Besuch. Es ist ein Klassenraum, wie viele andere auch. Ein paar Bankreihen, Stühle aus Holz und das Lehrerpult vorne links. Viel verändert hat sich hier in den letzten Jahrzehnten nicht. Fast nichts. Denn erst beim zweiten Blick Richtung Tafel sieht man: das ist ja gar keine Tafel. Es ist ein sogenanntes „ActivBoard“. Das heißt, der Unterrichtsstoff wird jetzt nicht mehr mit Kreide auf eine dunkelgrüne Platte geschrieben, sondern interaktiv via Computersoftware mit dem übergroßen Bildschirm an der Wand verlinkt. Immer mehr Klassenräume der Schule mit rund 1000 Mädchen und Jungen sind bereits damit ausgestattet.

Seit diesem Schuljahr gehen die Lehrkräfte in Husum mit einer zehnten Klasse einen Schritt weiter und haben mit ihr eine eigene iPad-Klasse eingerichtet. 26 iPads sind die erste Grundausrüstung für die Theodor-Storm-Schule. „Unsere Schüler können selbst entscheiden, ob sie es für ihre Unterrichtsmitschrift nutzen wollen oder nicht“, erklärt Nils Peters. Bis zum Ende der Schulzeit bleiben die Tablets im Besitz und in der Verantwortung des jeweiligen Schülers.

Heute Vormittag steht das Fach Englisch bei Christiane Elinkmann auf dem Stundenplan. Die 15-jährige Hanna-Rieke Damrau hat ihr Tablet mit allem ausgestattet was es gibt. Durch eine extra Tastatur und eine Hülle zum Aufstellen, sieht das iPad fast wie ein kleiner Laptop aus. Das Standard-Hintergrund-Bild hat sie gegen ein buntes Blumenfoto ausgetauscht.

Die Aufgaben für die nächste Dreiviertelstunde lassen sich auf dem ActivBoard nachlesen. Es sollen kleine Gruppen gebildet und bestimmte Begriffe aus der englischen Literatur recherchiert werden. Natürlich alles in englischer Sprache. Auf den kleinen schwarzen Bildschirmen ploppen grasgrüne Wörterbuch-Apps auf. Zwischen Federmappe, dicken Ordnern und Wasserflaschen wird sich im Flüsterton beraten und routiniert auf den bunten Glasflächen gewischt, getippt und geblättert. „Die meisten Antworten können wir einfach mit der Google-App rausfinden“, sagt Klaas Grünberg (16). Einige speichern die Lösungen direkt mit einem Schreibprogramm, andere wiederum nehmen nach wie vor Füller und Papier zur Hand. Die Ergebnisse schicken die Schüler an ihre schuleigene Cloud und beschriften dort einen neuen Ordner.
Auch wenn jeder sein eigenes iPad besitzt, ist Teamarbeit gefragt. „Es ist uns wichtig, dass nicht jeder für sich isoliert arbeitet“, sagt Nils Peters.

Die Ostseeschule in Flensburg hat es 2012 vorgemacht und in den Oberstufen das iPad eingeführt. Auch in der Auguste-Viktoria-Schule in der Fördestadt, der Grund- und Gemeinschaftsschule Viöl und der Herrmann-Tast-Schule in Husum gehört es mittlerweile zum Schulalltag dazu. „Wir haben uns mit einigen der Flensburger Kollegen beraten, um von deren Erfahrungen profitieren zu können.“ Schnell haben sich auch die Jugendlichen aus der iPad-Klasse der Theodor-Storm-Schule an das neue Hilfsmittel gewöhnt und bis jetzt musste auch noch keines wegen unerlaubter Nutzung beim Lehrer abgegeben werden. „Die meisten haben ein eigenes Smartphone, das iPad ist längst nichts Besonderes mehr“, weiß Peters.

Warum die Schule sich für das geschlossene und relativ unflexible System des Herstellers Apple entschieden hat? „Weil wir meiner Meinung nach hier die besten Sicherheitsaspekte erfüllt haben, uns weniger um die Virenproblematik kümmern müssen und eine optimale Geräteverwaltung haben“, argumentiert der Projektverantwortliche. „Dazu kommt, dass der Apple App-Store die größte Auswahl an Lern-Apps hat.“ Eines steht für ihn und seine Mitstreiter auf jeden Fall fest: „Das digitale Lernen nimmt in der Schule der Zukunft einen großen Raum ein, dem können und wollen wir uns nicht entziehen.“

Autor: Julia Voigt

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